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10.1016/BG14-9783437228780.10001-8
G14-9783437228780
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Abb. G.14-1

Indikationsstellung und Durchführung einer TransplantatnierenbiopsieTransplantatnierenbiopsie
Vorsorgeuntersuchungen nach der Transplantation
Untersuchung | 1 Woche | 1 Monat | 2–3 Monate | 4–6 Monate | 7–12 Monate | > 12 Monate |
Kreatinin und Nierenwerte | Täglich | 2–3-mal pro Woche | Wöchentlich | 2-wöchentlich | monatlich | Alle 2–3 Monate |
Eiweiß im Urin | Einmalig | Alle 3 Monate | Jährlich | |||
Sonstige Blutwerte | Einmalig | Wöchentlich | Monatlich | Jährlich | ||
Diabetes | Wöchentlich | Alle 3 Monate | Jährlich | |||
Lipidprofil | - | - | Einmalig | - | - | Jährlich |
Blutdruck, Puls, Körpergewicht | Bei jedem Klinikbesuch | |||||
Hautuntersuchung | Einmalig | Jährlich | ||||
Untraschall der Eigenniere | Jährlich |
Nierentransplantation
Einleitung
Indikation/Kontraindikationen
Diagnostik vor Wartelistenaufnahme
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Erhebung einer detaillierten medizinischen Vorgeschichte zu Grunderkrankung, Begleiterkrankungen, Hypertonie, Bluttransfusionen, Schwangerschaft, Operationen am Harntrakt, Pharmakotherapie.
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Hämatologische Parameter, Elektrolyte, Leberenzyme, PTH, Hepatitis-Serologie, Virologie (CMV, HIV).
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Röntgen-Thorax, Röntgen-Beckenübersicht (ggf. CT, Angiographie bei AVK), Sonographie, EKG, Echokardiographie, eine Form der kardialen Belastungstestung (Ergometrie meist nicht aussagekräftig, alternativ Stress-Echokardiographie oder Belastungsmyokardszintigraphie, häufig ist eine Koronarangiographie erforderlich).
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●
Urinstatus und -kultur (falls möglich).
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Suche nach okkulten Infektionsherden: ggf. HNO- und zahnärztliche Untersuchung, bei Frauen gynäkologische Untersuchung.
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Immunologische Untersuchungen: Blutgruppe, HLA-Typisierung, HLA-Antikörperscreening.
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Urologische Evaluation.
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Unnötig: Zystoskopie und retrograde Urographie (außer bei Harnwegsanomalien).
Immunsuppression
Abstoßungsreaktionsprophylaxe
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Bei den Calcineurininhibitoren ist Tacrolimus der Vorzug zu geben (Empfehlungsgrad A, Evidenzstärke II; L1). Calcineurininhibitoren sollten vor oder unmittelbar bei Transplantation eingesetzt werden.
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Als Antiproliferativum sollte Mycophenolat bevorzugt werden (Empfehlungsgrad B, Evidenzstärke II; L1).
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Bei Patienten mit niedrigem immunologischem Risiko können Steroide bereits nach der 1. Woche abgesetzt werden (Empfehlungsgrad B, Evidenzstärke II; L1).
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Der Einsatz von mTOR-Inhibitoren kann Wundheilungsstörungen induzieren und sollte auf Patienten mit Transplantatfunktion nach Abschluss der Wundheilung begrenzt werden (Empfehlungsgrad B, Evidenzstärke I; L1).
Langzeitimmunsuppression
Ambulante Nachsorge
Ambulante Nachsorge im 1. Jahr
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Hinweise auf Infektionen
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Urinausscheidung, Flüssigkeitszufuhr, Gewicht, Schmerzen, Ödeme
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Periphere Ödeme, Blutdruck, Blässe
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Druckschmerz über dem Transplantat
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Herz- und Lungenauskultation
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Urinuntersuchungen: Proteinausscheidung in der Frühphase alle 3 Monate, dann jährlich.
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Kreatinin täglich in der 1. Woche nach NTX, 2–3 ×/Woche in den Wochen 2 bis 4 nach Transplantation, 1 ×/Woche in Monaten 2 bis 3, alle 2 Wochen in Monaten 4 bis 6, 1 ×/Monat in Monaten 7 bis 12 und alle 2 bis 3 Monate danach.
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Monitoring der Blutspiegel der verwendeten Immunsuppressiva (Ciclosporin A, Tacrolimus, Rapamycin etc.) bis zur Einstellung eines Steady-State-Spiegels initial, im Anschluss alle 3 Monate sowie nach jeder Änderung der Medikation, die einen Einfluss auf den Spiegel haben könnte, und bei Kreatininanstieg.
Differenzialdiagnose der gestörten Transplantatfunktion
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Akute Abstoßungsreaktion (zellulär, humoral)NierentransplantationTransplantatfunktion, gestörte
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Postrenale Obstruktion (Lymphozele, Ureternekrose, -stenose)
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Transplantatarterienstenose
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Medikamententoxizität (Ciclosporin, Tacrolimus)
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Akute interstitielle Nephritis (bakteriell, viral)
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Rezidiv einer Grunderkrankung
Abstoßung
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Zweit- oder Mehrfachtransplantation,
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Spenderalter > 50 Jahre,
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HLA-DR-Mismatches,
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Organ eines weiblichen Spenders oder
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verzögerte Transplantatfunktion.
Klassifikation
Nach Zeitverlauf
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Hyperakut = komplementvermittelt. Tritt innerhalb von Minuten nach Transplantation auf, beruht auf einer Aktivierung des Komplementsystems. Typisch für Xenotransplantation, kommt aber auch zwischen verschiedenen Ethnien vor.
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Akzeleriert = durch Antikörper vermittelt. Tritt innerhalb von Stunden nach Transplantation auf, beruht auf präformierten Antikörpern des Empfängers gegen Merkmale des Spenders.
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Akut = Infiltration durch T-Lymphozyten. Tritt innerhalb von Tagen nach Transplantation auf, kann aber auch zu jedem anderen Zeitpunkt vorkommen.
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Chronisch = sehr langsam fortschreitende Zerstörung der Niere, deren Beginn nicht klar zu definieren ist. Pathogenetisch kommen alle genannten Mechanismen sowie alloantigenunabhängige Faktoren in Betracht.
Nach Pathomechanismus
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Zelluläre Abstoßung: häufigste Form, wird durch T-Lymphozyten vermittelt.
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Humorale Abstoßung: wird durch Antikörper vermittelt.
Nach Pathologie
Indikationen zur Diagnostik
Anamnese
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Schmerzen über dem Transplantat
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Verringerte Diurese
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Gewichtszu-/-abnahme.
Klinische Befunde
Diagnostik
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1. Schritt:
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○
Kreatinin, Harnstoff.
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○
Proteinausscheidung im Urin.
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○
Urinsediment.
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○
Blutbild.
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2. Schritt:
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○
CMV, BK-Virus quantitative PCR.
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○
Gerinnung.
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○
Ultraschall: Ausschluss einer Nierenarterienstenose, eines postrenalen Hindernisses.
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Nierenbiopsie
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Kreatinin-Anstieg > 0,2 mg/dl bzw. 10–15%.
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Immer vor der Therapie. Außer die Biopsie würde die Therapie relevant verzögern (Empfehlungsgrad C, Evidenzstärke I; L1).
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Persistierender unerklärter Anstieg des Kreatinins (Empfehlungsgrad C, Evidenzstärke I; L1).
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Kreatininwert, der nach Abstoßungsbehandlung nicht auf den Basiswert zurückkehrt (Empfehlungsgrad C, Evidenzstärke II; L1).
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Alle 7–10 Tage bei „delayed graft function“ (Empfehlungsgrad C, Evidenzstärke II; L1).
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1–2 Monate nach Transplantation, falls das Kreatinin höher ist als erwartet (Empfehlungsgrad C, Evidenzstärke II; L1).
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Neuauftreten einer Proteinurie (Empfehlungsgrad C, Evidenzstärke II; L1).
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Proteinurie > 3 g/g Kreatinin oder > 3 g/24 h.
Therapie der akuten Abstoßung
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Auch subklinische oder Borderline-Läsionen sollten behandelt werden (Empfehlungsgrad C, Evidenzstärke II; L1).
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Akute zelluläre Abstoßung: Steroide (z.B. 250 mg/d für 3 Tage). Lymphozytendepletierende Antikörper bei Versagen des Steroidstoßes (Empfehlungsgrad C, Evidenzstärke II; L1).
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Antikörpervermittelte Abstoßung: Steroide (z.B. 250 mg/d für 3 Tage) und/oder Plasmaaustausch und/oder i.v. Immunglobuline und/oder Anti-CD20-Antikörper und/oder lymphozytendepletierende Antikörper (Empfehlungsgrad C, Evidenzstärke II; L1).
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Dauergabe von Steroiden in Erhaltungsdosis (Empfehlungsgrad D, Evidenzstärke II; L1),
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Weiterführung oder Zugabe von Mycophenolat.
Langzeitkomplikationen
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Können Folge der Grunderkrankung (z.B. diabetische Spätschäden) oder vorbestehender Erkrankungen (z.B. kardiovaskuläre Komplikationen bei vorbestehender Hypertonie, arterieller Verschlusskrankheit) sein.
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●
Können Folge der terminalen Niereninsuffizienz sein: persistierender Hyperparathyreoidismus, Infektionen (Hepatitis B, C während der Hämodialysebehandlung erworben).
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Können Folge der Immunsuppression sein: gesteigerte Infektions- und Malignomrate, Steroidkomplikationen (z.B. Katarakt, Osteoporose, Diabetes mellitus, Fettstoffwechselstörung, Hypertonie), Komplikationen der Calcineurininhibitoren (z.B. Hypertonie, Posttransplantationsdiabetes).
Prognose
Evaluation des Patienten mit chronischer Verschlechterung der Transplantatfunktion
Chronischer Transplantatschaden (chronische Transplantatnephropathie)
Calcineurininhibitorbedingte Nephrotoxizität
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Dosisreduktion des Calcineurininhibitors, Wechsel oder Absetzen der Calcineurininhibitoren (Empfehlungsgrad C, Evidenzstärke I; L1).
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Falls eGFR (elektronisch ermittelte glomeruläre Filtrationsrate) > 40 ml/min/1,73 m2 und Proteinurie < 500 mg/mg Kreatinin, Ersatz der Calcineurininhibitoren durch mTOR-Inhibitoren (Empfehlungsgrad C, Evidenzstärke II; L1).
Infektionsprophylaxe
Evaluation des Patienten mit Fieber
Impfungen
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Rabies (Empfehlungsgrad C, Evidenzstärke II; L1)
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Tick-borne-Meningoenzephalitis (Empfehlungsgrad C, Evidenzstärke II; L1)
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Japanese-B-Enzephalitis – inaktiviert (Empfehlungsgrad C, Evidenzstärke II; L1)
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Meningococcus (Empfehlungsgrad C, Evidenzstärke II; L1)
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Pneumococcus (Empfehlungsgrad C, Evidenzstärke II; L1)
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Salmonella typhi – inaktiviert (Empfehlungsgrad C, Evidenzstärke II; L1)
Schwangerschaft
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Stabile Transplantatfunktion (Serum-Kreatinin möglichst < 1,5 mg/dl)
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Keine aktuelle oder kürzlich stattgehabte akute Abstoßung
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Fehlende oder allenfalls geringe Proteinurie (< 0,5 g/d)
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Normotension oder gut eingestellter Blutdruck unter antihypertensiver Therapie
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Keine anderen, relevanten internistischen Erkrankungen
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Erhöhtes Infektionsrisiko (v.a. Harnwegsinfektionen und akute Pyelonephritis des Transplantats): 2-wöchentliche Kontrollen des Urinsediments und ggf. Urinkulturen mit entsprechender Therapie asymptomatischer Infekte sollten erfolgen.
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Gefahr der Präeklampsie (bis zu 30%; v.a. bei vorbestehender arterieller Hypertonie): engmaschige Kontrolle von Blutdruck (24-h-RR-Profile), Nierentransplantatfunktion und Proteinurie. Anpassung der blutdruckwirksamen Medikation unter Verwendung schwangerschaftsverträglicher Medikamente (z.B. α-Methyldopa).
Autoren
Leitlinien
L1.
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L2.
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Literatur
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3
Matas AJ, Humar A, Gillingham KJ, et al.: Five preventable causes of kidney graft loss in the 1990s: a single-center analysis. Kidney Int 62 (2002) 704–714.
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